Tradition

Gelegentliche Besuche auf der Frankfurter Rennbahn gab es schon lange. Und schließlich hatte Manfred Hellwig, Steuerberater mit eigener Kanzlei, in Jugendjahren auch selbst im Sattel gesessen, wenn es auch „nur“ Warmblüter waren. Ausschlaggebend war aber sicher auch das Wiedersehen mit einem Schulfreund, Wolfgang Weber, auf der Niederräder Bahn, der sich als Amateurrennreiter versuchte und Manfred Hellwig mit seiner Galoppbegeisterung ansteckte. Irgendwann war der Entschluss schließlich gefasst, auch in diesen Sport  einzusteigen, von Beginn an mit getragen von der Ehefrau Edith. Das war Anfang der 80ziger Jahre.  Und wenn sich Manfred Hellwig etwas vornimmt, dann macht er es auch richtig.

„Es hat mich von Beginn an vor allem auch die züchterische Seite gereizt“, erklärt Manfred Hellwig. So wurde neben dem Rennpferd Pearl First, die am 21.11.1984 im Preis von Miami, einem Nachwuchsrennen, den ersten Sieg für das Besitzerehepaar Hellwig landete, auch gleich eine Mutterstute gekauft: Die Ravensbergerin Wildfährte. Beide Pferde lehrten die Neueinsteiger in den Galopprennsport gleich die wichtigsten Tugenden: Leidenschaft und Leidensfähigkeit.

Bis zum ihrem 13. Start ließ das erste Rennpferd ihre Besitzer auf das erste Erfolgserlebnis warten, die erste Mutterstute brachte zunächst von Marduk einen Hengst, der bei sieben Starts sieglos blieb, danach kam Wildmeister, der erst mit fünf seine ersten Rennen gewann, dann aber wenigstens gleich drei an der Zahl. Sein Vater war Ashmore, an dem Manfred Hellwig als Shareholder  einen halben Anteil besaß, den anderen hielt der Rietberger Gestütsherr Carl Friedrich Tenge-Rietberg.  Leider ging der erste Deckhengst relativ früh verloren, aber der Investionsbereitschaft seines Mitbesitzers  tat dies keinen Abbruch.

Manfred Hellwig  ließ sich zwar immer von Fachleuten beraten, eignete sich aber auch selbst ein solides Grundwissen an, um seine Vision - eine naturnahe Aufzucht mit Stuten mit internationalen Pedigrees - zu verwirklichen. Die weiteren Ankäufe aus der Anfangszeit hießen Wildrun, Cocotte oder Belgard. Letztere verhalf dem Neueinsteiger zu seinem ersten großen Zuchterfolg: Sie brachte mit dem Königsstuhl-Sohn Bollo einen richtigen Volltreffer. „Er gewann mit dem Preis der Deutschen Besitzer, dem Kölner Steher-Preis, dem Großen Preis von Mülheim und dem Baden-Badener Union-Klub Pokal gleich vier Toprennen“, erinnert sich Manfred Hellwig, „und er war als Listensieger unser erstes Black Type-Pferd aus eigener Zucht“.

Die firmierte seit 1985 auch nicht mehr unter dem eigenen Namen, sondern unter Gestüt Höny-Hof, weil ‚Höny‘ das erste Wort war, das unsere Tochter Annette über ihre Lippen brachte“, klärt Edith Hellwig auf.  Längst züchtete man auf eigener Scholle, im ostfriesischen Moormerland, zwischen Emden und Leer. Dort besaß Manfred Hellwig schon seit 1971 einen Hof, den er neu aufgebaut und partiell an einen Milchlandwirt mit 200 Kühen verpachtet hatte.  „Unser Hof stieg sogar zum Musterhof für Ostfriesland auf“, berichtet Manfred Hellwig mit einigem Stolz.  96 Hektar Eigenland und 16 Hektar zusätzliches Pachtland stand für die Vollblutzucht zur Verfügung. Stets waren es ein halbes Dutzend Mutterstuten, mit denen man züchterisch aktiv war. Mit Sir King  gab es Mitte der 90ger Jahre wieder einen schönen Zuchterfolg, der Königsstuhl-Sohn aus der Shirbella war mehrfach Gruppe-platziert und immerhin Vierter im Deutschen Derby 1995.  

Aber wie bei jedem Vollblutzüchter wurde auch bei den Hellwigs die Geduld immer wieder auf harte Proben gestellt.  Es gab auch Jahre, in denen die Erfolgserlebnisse rar blieben. Der Passion tat das jedoch keinen Abbruch, fast jedes Wochenende fuhr die Familie Hellwig von Bad Homburg aus nach Ostfriesland, um sich an den Vollblutpferden zu erfreuen.  „Aber irgendwann wurde uns der Weg doch zu lang und zu beschwerlich“ erinnert  sich Manfred Hellwig, „ich begann mich in der Nähe unseres Wohnortes umzuschauen.“

Wieder spielte eine Zufallsbegegnung eine große Rolle. „Auf dem Neujahrsempfang der Frankfurter Industrie und Wirtschaft 1999 kam ich ins Gespräch mit Graf Lambsdorff, dem inzwischen verstorbenen ehemaligen FDP-Wirtschaftsminister, und erzählte ihm, dass ich Land zum Pferdezüchten und einen Wald zum Jagen suche“,  so Hellwig, „dank der Vermittlung von Lambsdorff sind wir dann zu unserem neuen Höny-Hof in Oberaula gekommen, nur eine Autostunde von unserem Wohnort entfernt."

Mit der Vertragsunterzeichnung im März 2000 beginnen die Umbau und Renovierungsarbeiten. Manfred Hellwig hatte da sehr konkrete Vorstellungen, schließlich hat er schon einmal einen „Musterhof“ entstehen lassen und deshalb hängt die Messlatte für sein neues Vollblutgestüt hoch. Der Architekt Ferdinand Leve, ein Fachmann für Gestüts- und Stallbauten, wird beauftragt diese Vorstellungen umzusetzen, s. Anlage. Auch personell werden die Weichen neu gestellt. Mit Simon Minch kommt 2005 ein neuer Gestütsleiter, der als gebürtiger Ire seine Ausbildung in Coolmore gemacht hat, und Erfahrungen als Mitarbeiter beim irischen Champion-Hindernis-Trainer A.L.T. Moore, im Gestüt Atlanta, als 2. Futtermeister bei Peter Rau und als Jährlings-Manager im Gestüt Schlenderhan gesammelt hat.

Die jüngsten Erfolge mit den beiden ersten selbstgezogenen Gruppesiegerinnen Salve Germania und Miss Europa fallen in seine Zeit. Minch ist auch der Motor für neue Innovationen. Noch nie waren so viele Mutterstuten im Gestüt Höny-Hof wie in diesem Jahr, und noch nie waren so viele Pferde im Rennstall. Erfolg beflügelt eben …